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Betriebsschließungsversicherung für Krankenhäuser in Zeiten von COVID-19 – auf welche Klauseln kommt es an?


von Dr. Miriam Mikus

Wer kommt dafür auf, wenn eine Klinik wegen Ausbreitung von SARS-CoV-2 ganz oder teilweise schließen oder auf behördliche Anordnung elektive Eingriffe verschieben muss? Eine – jedoch oft nicht ausreichende – Kompensationsmöglichkeit stellen staatliche Leistungen dar. Daneben werden hohe Erwartungen in eine etwaig bestehende Betriebsschließungsversicherung gesetzt. Doch auf welche Klauseln kommt es an, um die Einstandspflicht des Versicherers dem Grunde nach beurteilen zu können?

Ausgangspunkt einer solchen Beurteilung ist die jeweilige Klausel zum Gegenstand der Versicherung.

Wird in den einschlägigen Bedingungen ausschließlich auf eine Vollschließung abgestellt, ist davon auszugehen, dass nur dann Versicherungsschutz besteht, wenn tatsächlich das ganze Krankenhaus von einer Schließung durch die zuständige Behörde betroffen ist. In manchen Spezialbedingungswerken für Krankenhäuser sind jedoch auch die Anordnung einer Teilschließung oder einer Kohortenisolation sowie die Untersagung von Neuaufnahmen als den Versicherungsschutz auslösende Maßnahmen genannt. Deckung besteht dann auch für diese – weitaus häufigeren – Fälle. Zusätzlich kommt es darauf an, ob das jeweilige Bedingungswerk eine verbindliche Anordnung der jeweiligen Maßnahme fordert oder etwa Empfehlungen der zuständigen Behörde oder Absprachen ausreichen lässt. In aller Regel ist eine verbindliche Anordnung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes notwendig. Wenige spezielle Bedingungswerke lassen in bestimmten Konstellationen jedoch auch Empfehlungen/Absprachen genügen.

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Beurteilung des Deckungsschutzes ist die Antwort auf die Frage, ob nach den jeweiligen Bedingungen SARS-CoV-2 als mitversicherter Erreger, respektive COVID-19 als mitversicherte Krankheit anzusehen ist. Die marktüblichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthalten in der Regel eine namentliche Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern nach dem Infektionsschutzgesetz. SARS-CoV-2 und COVID-19 sind hier nicht enthalten. Für die Frage, ob SARS-CoV-2/COVID-19 dennoch erfasst ist, kommt es dann darauf an, ob die Aufzählung als abschließend anzusehen ist oder ob zum Beispiel ein Verstoß gegen das Transparenzgebot i. S. d. § 307 BGB dafür sorgt, dass letztlich doch von Deckungsschutz ausgegangen werden kann. Hierzu sind in den vergangenen Monaten bereits einige erstinstanzliche Urteile ergangen (vgl. u. a. LG München I, Urteil vom 01.10.2020, Az.: 12 O 5895/20; OLG Hamm, Beschluss vom 15.07.2020, Az.: 20 W 21/20), jedoch muss jedes Bedingungswerk für sich betrachtet und ausgelegt werden. Einige Spezialbedingungswerke enthalten auch eine Öffnungsklausel, welche ausdrücklich „neue, unbekannte“ Erreger und Krankheiten oder schlicht „sonstige“ Erreger in den Versicherungsschutz einbezieht, eine so klare Formulierung ist jedoch selten.

Checkliste

Bedingungsseitige Aspekte, die sich unterscheiden können und in den Blick zu nehmen sind, um den Versicherungsschutz dem Grunde nach zu beurteilen:

  • Ist lediglich eine Vollschließung versichert oder lösen auch weitere Tatbestände den Versicherungsschutz aus?
  • Bedarf es nach den Bedingungen einer verbindlichen Anordnung oder genügen Empfehlungen/Absprachen?
  • Ist der Erreger SARS-CoV-2/die Krankheit COVID-19 – beispielsweise über eine Öffnungsklausel – mitversichert oder ist von einer abschließenden Aufzählung benannter Erreger und Krankheiten auszugehen, welche SARS-CoV-2/COVID-19 nicht beinhaltet?

Zusätzliches, allen Allgemeinen Versicherungsbedingungen gemeinsames Erfordernis für den Deckungsschutz

Soweit ersichtlich allen Bedingungswerken gemeinsam ist das Erfordernis einer bestimmten Zielrichtung der behördlichen Maßnahme. Hierzu heißt es in den Bedingungen, dass die Maßnahme „zur Verhinderung der Verbreitung des Erregers“ ergehen muss. Dieser Umstand spielt insbesondere bei den ergangenen Anordnungen zur Verschiebung elektiver Eingriffe eine Rolle, da die einschlägigen behördlichen Vorgaben regelmäßig andere Gründe, namentlich die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung, in den Vordergrund stellen. Es spricht allerdings viel dafür, dass nicht nur solche Zielrichtungen bei der Frage, ob Deckung besteht, zu berücksichtigen sind, die ausdrücklich im Wortlaut der Begründung genannt sind, sondern auch solche, die sich implizit aus dem Zusammenhang ergeben. Zu dieser Frage existiert allerdings bislang noch keine Rechtsprechung.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es für die Beurteilung der Frage, ob Versicherungsschutz besteht, auf jeden Einzelfall und das zugrundeliegende „Wording“ ankommt. Aufgrund der größtenteils sehr unterschiedlichen Bedingungslage ist eine individuelle Auslegung in jedem Einzelfall notwendig, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Fachanwalts für Versicherungsrecht.

Kontakt

Dr. Miriam Mikus
Abteilungsleiterin Sachschaden
Ecclesia Versicherungsdienst GmbH
Ecclesia Straße 1–4, 32758 Detmold