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Vier Fragen zur medizinisch assistierten Befruchtung bei alleinstehenden Frauen


von Dr. Christoph Leo Gehring und Gizem Büsra Eren

Bei einer künstlichen Befruchtung sind verschiedene Lebenssituationen der Mutter denkbar, die zu Fragestellungen zur künstlichen Befruchtung führen: Wann möchte man als Krankenhaus unter welchen Bedingungen die Befruchtung durchführen?

1. Welche Rolle spielt das Verfassungsrecht?

Verfassungsrechtlich würde ein Verbot, bei bestimmten Personengruppen eine künstliche Befruchtung durchzuführen, in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Frau nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie in ihr Recht auf Fortpflanzung und auf Familiengründung gem. Art. 6 Abs. 1 GG eingreifen.

Eine weitere relevante Norm für Krankenhäuser in öffentlicher Hand ist zudem Art. 3 Abs. 1 GG. Alle Personen einer Fallgruppe müssen gleichbehandelt werden. Nur bei sachlichen Unterschieden darf die Beurteilung differenziert ausfallen.

2. Wie steht die Ärztekammer zu diesem Thema?

Die meisten Landesärztekammern haben Richtlinien zu diesem Thema. Zudem gibt es eine Richtlinie der Bundesärztekammer zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen oder Keimzellgewebe im Rahmen der assistierten Reproduktion. Sie hat aber keinen Gesetzescharakter und verbindlich ist jene Fassung, wie sie von der jeweiligen Landesärztekammer umgesetzt wurde.

In der Richtlinie sind unter Ziff. 2.2.2. die Inhalte der Aufklärung und weitere allgemeine Informationen zu finden. Es wird empfohlen, dass Ärzt:innen auf die Möglichkeit einer rechtlichen Beratung durch eine/n Rechtsanwalt:in oder Notar:in hinweisen sollten. ÄrztInnen selbst dürfen keine rechtliche Beratung vornehmen, da dies gesetzlich nicht gestattet und hier wegen der Komplexität der Materie auch nicht ratsam ist.

3. Welche rechtlichen Pflichten sind seitens des Krankenhauses zu beachten?

  • Eine Unterhaltspflicht des Arztes, der die künstliche Befruchtung durchführt, besteht nicht, wenn beispielsweise die Mutter verstirbt.
  • Eine Pflicht, ein psychologisches Gutachten zu verlangen, gibt es nicht. Die Patientin muss lediglich (wie bei jedem anderen medizinischen Eingriff) einwilligungsfähig sein.
  • Eine Pflicht, eine „Garantieperson“, die sich im Fall einer schweren Krankheit oder des Versterbens der Mutter um das Kind kümmern wird bzw. für den Unterhalt aufkommen wird, per notariellem Vertrag einzubinden, besteht von Gesetzes wegen nicht. Dies wird aber von Samenbanken häufig gefordert.
  • Gleiche Fallgruppen müssen auch gleich behandelt werden. Bestehen Besonderheiten, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen, ist dies jedoch zulässig.
  • Der Behandlungsvertrag kann jederzeit beendet werden, wenn das Vertrauensverhältnis gestört ist. Besonders ist die Freiheit des Arztes. Bei der medizinisch assistierten Befruchtung handelt es sich um eine Gewissensentscheidung: Nach § 10 Embryonenschutzgesetz (ESchG) ist niemand verpflichtet, eine künstliche Befruchtung vorzunehmen oder an ihr mitzuzuwirken.

Es gelten die „erweiterten“ wirtschaftlichen Aufklärungspflichten für IgeL.

4. Was sollte ein Krankenhaus festlegen?

Das Krankenhaus sollte über eine Standard Operating Procedure (SOP) verfügen. Diese kann nach den verschiedenen Arten der künstlichen Befruchtung unterscheiden. Vor allem kann eine Unterscheidung nach den Lebensumständen der Mutter notwendig sein. Lebt die Mutter in einer gesetzlichen Verbindung (Ehe oder Partnerschaft) mit oder ohne festen Partner, das Alter der Mutter, gibt es eine Garantieperson etc.

Einige Krankenhäuser fordern in bestimmten Konstellationen zusätzlich ein psychologisches Attest oder sogar Gutachten, um die Belange des Kindes optimal zu schützen. Dieses dient auch dem Arzt, um seinem Gewissen nach handeln zu können.

Die Anforderungen gemäß SOP sollten den Patienten in einem Informationsblatt mitgeteilt werden. Die Aufklärungsdokumente sind ebenfalls anzupassen.

Weiterführende Literatur

  • Schwarz, in: Aktuelle Rechtsfragen zur künstlichen Befruchtung in der notariellen Gestaltungspraxis, RNotZ 2022, 421
  • Taupitz, Assistierte Befruchtung bei homosexuellen Paaren und alleinstehenden Frauen, NJW 2021, 1430

 

Dr. jur. Christoph Leo Gehring, Mag. rer. publ.
Universitätsklinikum Mannheim GmbH
Leitung Stabsstelle Recht, Compliance, Versicherung und Vergabe
Theodor-Kutzer-Ufer 1–3, 68167 Mannheim
christoph.gehring@umm.de

 

Gizem Büsra Eren
Universitätsklinikum Mannheim GmbH
Stabsstelle Recht, Compliance, Versicherung und Vergabe
Theodor-Kutzer-Ufer 1–3, 68167 Mannheim
gizem.eren@umm.de