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Die Große Krankenhausreform – Anspruch und Wirklichkeit


von Prof. Dr. Norbert Roeder und Dr. Wolfgang Fiori

Schon über ein Jahr ist nun vergangen, seit mit großen eigenen Vorschusslorbeeren am 06.12.2022 vom Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach die große Krankenhausreform auf Basis der dritten Stellungnahme und Empfehlung der von ihm eingesetzten Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung angekündigt wurde. Diese sollte bundesweit Leistungsgruppen und Versorgungslevel zum Zwecke der Krankenhausplanung bzw. -strukturierung einführen, die vom Prinzip her in jedem Bundesland gleichermaßen zur zukünftigen Strukturierung des medizinischen Leistungsangebotes zur Anwendung kommen sollten. Diese neue Krankenhausstrukturierung sollte mit einer Umstellung der Krankenhausfinanzierung verknüpft werden mit dem Ziel, das DRG-Fallpauschalensystem zu überwinden (BMG 2022, Fiori/Bunzemeier/Roeder 2023).

Was ist seitdem in 2023 passiert? Obwohl das Konzeptpapier der Regierungskommission eine grundlegende Reform sowohl der Krankenhausstrukturen als auch der Krankenhausfinanzierung nahelegt, konzentrierte sich die öffentliche Diskussion fast ausschließlich auf die vorgeschlagenen krankenhausplanerischen Maßnahmen. Erste Auswirkungsanalysen zeigten, dass die Kluft zwischen dem Zielbild des Reformvorschlags für eine neue Krankenhausstruktur und der bestehenden historisch entwickelten Krankenhausstruktur sehr groß und nicht jede Anpassung medizinisch und ökonomisch sinnvoll ist (Augurzky/Dahnke/Hansis 2023). Es machte sich zunehmend die Erkenntnis breit, dass die geforderten Strukturveränderungen mit einem erheblichen Investitionsbedarf für die Verlagerung von Leistungsangeboten und die Umwandlung von ehemaligen Krankenhausstandorten einhergehen. Für die Konzentration von komplexen Leistungen müssen zusätzliche Kapazitäten an Krankenhäusern der Maximal- und Schwerpunktversorgung geschaffen werden. Die Höhe der dafür notwendigen Investitionen wird von der Radikalität der Reform abhängig sein.

Der Bundestag kann das Gesetz nur gemeinsam mit den Ländern verabschieden, weil der Bundesrat zustimmen muss. Daher ist das BMG gezwungen, Verhandlungen mit den Ländern zu den Inhalten des Gesetzes in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu führen. Diese Verhandlungen mündeten am 10.07.2023 in einem Eckpunktepapier (BMG 2023), was die Grundlage für die gesetzliche Regelung bilden soll (Roeder/Fiori 2023). Seitdem arbeitet der Bund mit Beteiligung einiger Länder am sogenannten Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). Während über die Nutzung der Versorgungslevel zwischen Landes- und Bundesebene zunächst gestritten wurde, haben sich die Beteiligten in ihrem Eckpunktepapier darauf geeinigt, die Leistungsgruppen, die in Nordrhein-Westfalen (NRW) bereits zur Krankenhausplanung eingesetzt werden, als Ausgangspunkt für das bundesweite Leistungsgruppensystem zu nutzen.

Die ursprünglich zusätzlich vorgeschlagenen und weitgehend über die Anzahl der am Standort verfügbaren Leistungsgruppen definierten Krankenhauslevel sollen für die Krankenhausplanung nicht mehr zur Anwendung kommen. Kontrovers diskutiert wurde, inwieweit die NRW-Leistungsgruppen für den bundesweiten Einsatz noch weiterentwickelt werden müssen (Roeder 2023) und in welchem Umfang den Bundesländern Ausnahmeregelungen zugestanden werden, um regionalen Bedürfnissen gerecht zu werden und bewährte funktionale Strukturen nicht zu gefährden.

Die historisch entstandenen strukturellen Krankenhauskapazitäten sind – regional unterschiedlich ausgeprägt – unter Berücksichtigung einer zeitgemäßen Verweildauer teilweise überdimensioniert. Auf der anderen Seite sind die personellen Kapazitäten zunehmend begrenzt und tragen ebenfalls zu einer wirtschaftlich nicht optimalen Auslastung der Krankenhäuser bei. Elektive Leistungen werden – flankiert durch besondere politische Maßnahmen – zunehmend ambulantisiert.

Konzeption und Umsetzung der Reform

Die Notwendigkeit einer Krankenhausreform ist unbestritten und Stakeholder-übergreifend akzeptiert. Diskutiert wird jedoch weiterhin intensiv über die Konzeption und Umsetzung der Reform. Die Reduktion und Zentralisierung der Angebotsstrukturen mit dem Ziel, die Personalverfügbarkeit, die Finanzierung und die Qualität zu verbessern, ist – zumindest für komplexe Leistungen, die einer besonderen Vorhaltung bedürfen – ein nachvollziehbarer Ansatz. Mechanismen zu entwickeln, die sinnvolle Anreize setzen, notwendige Strukturveränderungen anzustoßen, ohne dabei die flächendeckende Grund- und Notfallversorgung sowie den Qualitätswettbewerb bei elektiven Leistungen (z. B. Endoprothetik) zu gefährden, ist hingegen nicht trivial. Die Unsicherheit in der Krankenhauslandschaft ist groß, da kein konkretes Zielbild für eine zukünftige Krankenhausstruktur kommuniziert und konsentiert wird. Dieses Zielbild wäre jedoch wichtig, um eine Orientierung zu schaffen und die Leistungsangebote der Krankenhäuser in den nächsten Jahren strukturiert auf das Zielbild hinzuentwickeln. Die Befürchtungen, dass bis zur Umsetzung der Reform eine unstrukturierte Veränderung der Krankenhauslandschaft durch Trägerentscheidungen und Insolvenzen bei fehlendem Zielbild erfolgt, sind nicht wegzudiskutieren. Noch schlimmer ist, dass auch die bisherigen Konzepte für die Umsetzung der Reform ein Zielbild vermissen lassen. Unterschiedslos in allen Bundesländern und allen Leistungsgruppen das Angebot zu reduzieren und zu konzentrieren, dürfte kaum einen Bezug zum Bedarf haben und daher kaum ein gesellschaftlich konsentierbares Zielbild darstellen. Es besteht das große Risiko, dass die positiven Ziele mit dieser Reform nicht erreicht werden können und auf breiter Basis Enttäuschung entsteht. Enttäuschung bei den Krankenhäusern und ihren Mitarbeitenden, aber auch bei der Bevölkerung, die die versprochene Versorgungsverbesserung nicht spüren wird.

Wir plädieren daher dafür, kurzfristig die Entwicklung einer konkreten zukünftigen Krankenhausstruktur auf möglichst breiter gesellschaftlicher Basis nachzuholen. Nur so können die für die Krankenhausplanung zuständigen Bundesländer strukturierte Maßnahmen einleiten, um diese Zielstruktur auch zu erreichen. Über die Bundesgesetzgebung zur Vergütungssystematik kann dann versucht werden, entsprechende Maßnahmen über Anreize zu unterstützen.

Sektorübergreifende Versorgungseinrichtungen

Ein wichtiges Element der Krankenhausreform sind die sektorübergreifenden Versorgungseinrichtungen (SÜVE). Diese sind durch die Planungsbehörden der Bundesländer zu bestimmen und sollen weiter als Krankenhäuser gelten. Sie müssen damit „fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung“ stehen (§ 107 Abs. 1 SGB V) und haben Anspruch auf Investitionsförderung durch das Land. Allerdings sollen SÜVE über ihren stationären Versorgungsauftrag hinaus auch ambulante, pflegerische und die neu eingeführte „Medizinisch-pflegerische Versorgung“ erbringen dürfen. Diese neue Versorgungsform ist für Fälle vorgesehen, bei denen „neben dem medizinischen Behandlungsanlass ein besonderer pflegerischer Bedarf besteht, so dass eine ambulante ärztliche Behandlung nicht ausreichend ist“. Im stationären Bereich ist eine Konzentration auf Leistungen der Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Geriatrie“ gewünscht. Eine Teilnahme an der Notfallversorgung ist hingegen nicht vorgesehen. Für die Finanzierung der stationären und medizinisch-pflegerischen Versorgung soll krankenhausindividuell ein Gesamtvolumen vereinbart werden, das über degressive Tagesentgelte abgerechnet wird. Zusatzentgelte soll es nicht mehr geben. Vor der Umsetzung sollen noch mehrere Vereinbarungen der Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung (3- und 2-seitige Verträge) notwendig werden, sodass kaum zeitnah mit der Etablierung von SÜVE zu rechnen sein dürfte. Wie das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V bei der Mannigfaltigkeit der Abrechnungsmodalitäten rein praktisch in die Ex-ante-Planung der Behandlung eingehen und ex-post überprüft werden könnte, ist bislang ungeklärt. Auch bedürfte das Urteil des BSG vom 07.03.2023 (Az.: B 1 KR 4/22 R) zur Begründungspflicht von Abwärtsverlegungen einer Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, wenn bürokratiearme Verlegungskooperationen mit SÜVE zu einer Entlastung von Krankenhäusern höherer Versorgungsstufen führen sollen. Letztlich bietet aber das Konzept der SÜVE trotzdem das Potenzial, durch die Bündelung von stationären, ambulanten und pflegerischen Ressourcen „unter einem Dach“ Versorgungslücken zu verhindern. Hierdurch wird eventuell auch der Weiterbetrieb von Krankenhäusern möglich, die in der aktuellen Struktur keine Zukunft mehr haben.

Leistungsgruppen

Die neuen Leistungsgruppen stellen das zentrale Element der Krankenhausreform dar. Sie sollen einerseits zu einer einheitlich strukturierten Krankenhausplanung und andererseits zur Allokation der Vorhaltebudgets beitragen. Ohne die Leistungsgruppen könnten Krankenhausplanung und -vergütung nicht verknüpft werden. Insbesondere bedarf es für die geplante Verknüpfung von Krankenhausplanung und -finanzierung einer treffsicheren und konsistenten Zuordnung von Abrechnungsfällen zu Leistungsgruppen und einzelnen Krankenhausstandorten („Grouper“). Diese Logik in Einklang mit der Fallzuordnung der Leistungsgruppen der Krankenhausplanung in NRW zu bringen, stellt eine kaum zu bewerkstelligende Herausforderung dar. Insofern ist der Widerspruch im Eckpunktepapier, dass das Leistungsgruppen-System aus NRW zwar als Ausgangsbasis genommen, aber jeder Abrechnungsfall eindeutig zugeordnet werden soll, noch nicht aufgelöst. Vorträge (Heimig 2023) des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), das nach dem geplanten Krankenhaustransparenzgesetz den Grouper erstellen soll, zeigen, dass möglicherweise die Textbezeichnungen der NRW-Leistungsgruppen und ein Teil der Qualitätskriterien übernommen werden sollen. Die Falldefinitionen (selbst der spezifischen Leistungsgruppen), Hierarchisierung und Standortzuordnung aus NRW scheinen derzeit keine Relevanz für die Leistungsgruppengrouperentwicklung zu haben.

Es wäre dann unwahrscheinlich, dass das neue bundesweite Leistungsgruppensystem außer der nominellen Struktur große Ähnlichkeiten mit dem NRW-System aufweisen wird. Außerdem wird weiterhin auf politischer Ebene versucht, die Mindestanforderungen weiter zu verschärfen. Dies wird insbesondere dann problematisch, wenn die höheren Anforderungen nur durch zusätzliche Investitionen in Geräte oder Personal erfüllt werden können, gleichzeitig aber die Leistungsvergütungen nicht angehoben werden. Es wird sich für einen Teil der Träger auch die Frage der Wirtschaftlichkeit der Erbringung einzelner Leistungsgruppen stellen und bei unwirtschaftlicher Erbringung (zu hohe Vorhaltekosten in Relation zu den erbrachten Fällen) zur Entscheidung führen, diese Leistungsgruppe nicht weiter anzubieten.

Vorhaltefinanzierung

Die ersten Arbeitsentwürfe für das auf dem Eckpunktepapier aufbauenden KHVVG zeigen einen sehr komplexen Weg zur Ermittlung und Verteilung der Vorhaltebudgets auf. Es ist kritisch zu hinterfragen, ob zum Erreichen der Ziele der Krankenhausreform dieser komplexe Weg notwendig ist, der hinsichtlich seiner Umsetzbarkeit (Komplexität, Flexibilität, Rechtssicherheit und Zeitplan) erhebliche Zweifel aufwirft. Ein Großteil der Umsetzungsaufgaben für die Ermittlung der Vorhalteanteile und die Berechnung der Vorhaltebudgets für die einzelnen Krankenhausstandorte soll entsprechend des Arbeitsentwurfes für das KHVVG an das InEK delegiert werden. Das vorgesehene Verfahren zur Ermittlung der Vorhalteanteile stellt keineswegs die vom BMG versprochene Überwindung des DRG-Systems (BMG 2022) dar, sondern baut auf der Grundlage des DRG-Systems auf. Sogar die Leistungsgruppen werden vermutlich durch das InEK aus den DRG hergeleitet.

Es ist auch wichtig zu verstehen, dass die geplante „Vorhaltefinanzierung“ nicht die tatsächliche Vorhaltung eines Krankenhausstandortes finanziert. Die Vorhaltefinanzierung erfolgt pauschal, indem die aus der bisherigen Fallpauschalenvergütung algorithmisch durch das InEK ausgegliederten Erlösanteile unter dem Label Vorhaltefinanzierung wieder ausgekehrt werden. Initial erhalten die Krankenhäuser die Vorhaltevergütung entsprechend ihrer Fallmenge und -schwere. Perspektivisch soll die Vorhaltevergütung aber nur noch an die Fallschwere und Fallmengenveränderungen von über/unter +/- 20 % angepasst werden. Zu einer Finanzierung tatsächlich notwendiger Vorhaltekosten im individuellen Krankenhaus besteht kein Bezug.

Da diese Basisfinanzierung fallbezogen in Abhängigkeit von den berechneten bundesweiten Mittelwerten der jeweiligen DRG verteilt wird, ändert sich auch an der Abhängigkeit der Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebes von der Fallmenge nichts. Weiterhin werden kleinere und fallzahlschwächere Krankenhausstrukturen, deren Vorhaltekosten sich auf weniger Fälle verteilen, mit diesen Mittelwerten schwerlich auskömmlich finanziert werden können. 60 % von „zu wenig“ ist keine Existenzgarantie!

Das neue System funktioniert nur, wenn Standorte aus der Versorgung ausscheiden und ihr Anteil am Vorhaltebudget auf die verbleibenden Standorte umverteilt wird. Dieses Prinzip analog zur „Reise nach Jerusalem“ soll nach derzeitigem Stand für alle Leistungsgruppen gleichermaßen etabliert werden – unabhängig von Unter- oder Überkapazitäten, demografischer Entwicklung und Ambulantisierungspotenzial. Während das Angebot stationärer Versorgungstrukturen für komplexe onkologische Operationen oder zukünftig ambulant oder sektorenübergreifend (Hybrid-DRGs) erbringbare Leistungen sicherlich reduziert werden kann, dürfte sich dies für stationär wachsende Versorgungsbereiche (Geriatrie, Palliativmedizin) oder in Bundesländern kaum noch stärker konzentrierbare Angebote (z. B. Transplantationsmedizin) als problematisch erweisen. Auch weisen die Bundesländer ein unterschiedlich hohes Maß an Zentralisierungspotenzial auf. Flächenländer und die Bundesländer im Osten, die bereits eine Strukturreform hinter sich haben, legen eher den Fokus darauf, Versorgungsangebote überhaupt aufrechterhalten zu können. Metropolregionen und Stadtstaaten müssen hingegen bei einem adäquaten Kapazitätsaufbau der verbleibenden Krankenhausstandorte keine Versorgungslücken bei der Schließung von Krankenhausstandorten befürchten.

Krankenhaustransparenzgesetz

Entgegen seiner Bezeichnung und politischen Begründung dient das Krankenhaustransparenzgesetz primär nicht zur „übersichtlichen und für jedermann verständliche Darstellung des Leistungsangebotes der Krankenhausbehandlung“. Die meisten Informationen, die im geplanten Transparenzverzeichnis veröffentlicht werden sollen, liegen schon vor und könnten ohne große Gesetzesänderung publik gemacht werden bzw. sind bereits über eine Vielzahl von Portalen zugänglich. Neu wären Darstellungen von Kennzahlen zur Qualität in Bezug auf die Leistungsgruppen und die angestrebte Level-Einteilung. Die Leistungsgruppen – auch die 128 von der Regierungskommission vorgeschlagenen – sind medizinisch viel zu grob, als dass sie eine geeignete Aggregationsebene für Qualitätskennzahlen darstellen könnten. Die Level, die sich plump über die Anzahl von Leistungsgruppen definieren sollen, sagen gar nichts mehr über Qualität und Leistungsangebot aus. Warum eine Endoprothetik (4 Leistungsgruppen) qualitativ besser sein soll als eine Thoraxchirurgie (nur eine Leistungsgruppe) oder eine Kardiologie (4 Leistungsgruppen) besser als eine Nephrologie oder Pneumologie (je nur eine Leistungsgruppe), erschließt sich selbst Experten nicht. In Bezug auf den Empfängerhorizont (Patientinnen und Patienten) führt eine solche für eine Qualitätsbewertung als zwingend notwendig propagierte Kategorisierung von Krankenhäusern fast zwangsläufig zu Desinformation bzw. Fehlinterpretationen. Es ist schon jetzt zu beobachten, dass Mitarbeitende in kleineren Krankenhäusern durchaus den Wechsel zu größeren Krankenhäusern erwägen, weil sie ihrem Krankenhaus wegen des Dogmas „groß ist gut“ nicht genug Zukunftschancen zutrauen.

Der Hintergrund, warum das BMG so viel Wert auf eine zeitnahe Verabschiedung des Krankenhaustransparenzgesetzes legt, sind die vielfältigen neuen Verpflichtungen zur Datenübermittlung an das InEK (z. B. nach Qualifikation und Standort differenzierte Personalausstattung im ärztlichen Bereich, Einführung einer Standortkodierung). Mit Hilfe dieser Daten soll das InEK den gewünschten Grouper erstellen, der Abrechnungsfälle nicht nur einer DRG, sondern auch einer Leistungsgruppe und dem dazu passenden Standort zuordnen soll. Auch dieser Auftrag ist Bestandteil des Krankenhaustransparenzgesetzes, das zusätzlich mit Maßnahmen zur Liquiditätssteigerung versehen wurde, wahrscheinlich um den Bundesländern die Ablehnung im Bundesrat (nur Einspruchsgesetz) zu erschweren. Die Auswirkungen werden jedoch sehr unterschiedlich bewertet. Das BMG hat eine Liquiditätsverbesserung von 6 Mrd. € errechnen lassen, während die Deutsche Krankenhausgesellschaft nur auf 2,4 Mrd. € kommt (DKG 2023a).

Durch den geplanten Grouper wird faktisch das neue Leistungsgruppensystem vorweggenommen. Nicht die Bundesländer und der Bund gemeinsam, sondern der Bund würde damit alleine die Struktur der neuen Leistungsgruppensystematik bestimmen. Dieser Entmachtung wollten die Bundesländer nicht zustimmen oder sich diese zumindest durch eine höhere Finanzierung der Betriebskosten der Krankenhäuser abverhandeln lassen. Die strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser aufgrund unzureichender Investitionsförderung und einer unzureichenden Anpassung der Landesbasisfallwerte an die durch die Inflation gestiegenen Kosten gefährdet den wirtschaftlichen Betrieb vieler Krankenhäuser. Daher verlangen die Länder eine Übergangsfinanzierung im Sinne eines Vorschaltgesetzes bis zur Umsetzung der Reform, weil sie befürchten, dass sonst ein relevanter Anteil der Häuser die Reform überhaupt nicht mehr erleben wird (Marktaustritte durch Insolvenzen). Aktuell fordern einige Bundesländer eine rückwirkende basiswirksame Erhöhung der Landesbasisfallwerte 2022 und 2023 um 4 % sowie eine außerordentliche Anpassung der Landesbasisfallwerte zum 01.07.2024, die die Tarifsteigerungen aller Beschäftigten im Krankenhaus sowie die Sachkostensteigerungen künftig schneller und umfassend berücksichtigt. Hierzu war das BMG jedoch bisher nicht bereit.

Am 24.11.2023 hat der Bundesrat mit knapper Mehrheit den Vermittlungsausschuss angerufen. Stand Mitte Januar 2024 ist offen, ob und wann es eine Einigung zum Krankenhaustransparenzgesetz geben wird. Durch die Verzögerung können auch die mit dem Krankenhaustransparenzgesetz beschlossenen liquiditätsverbessernden Maßnahmen zunächst nicht umgesetzt werden. Die geplanten Datenlieferungen zum 31.03. und 15.04.2024 stellen die Deadline für die Entwicklung des Groupers auf Basis der regulären Daten aus 2023 dar. Das BMG wird daher versucht sein, das Gesetz bis Ende März in Kraft treten zu lassen. Verhindern könnten die Bundesländer das Gesetz nach Durchlauf im Vermittlungsausschuss nur mit einer Ablehnung von zwei Dritteln der Stimmen im Bundesrat. Allerdings beeinflussen die derzeitigen Beratungen zum Krankenhaustransparenzgesetz auch mit die Zukunft des KHVVG, das wiederum ein zustimmungspflichtiges Gesetz im Bundesrat ist. Beide Gesetzesvorhaben sind inhaltlich und politisch nicht einfach voneinander zu trennen.

Hybrid-DRGs

Um die Ambulantisierung voranzutreiben, wurde bereits in der vorherigen Legislaturperiode das Konzept der Hybrid-DRGs etabliert (§ 115f SGB V). Darüber sollen kurzstationäre Fälle und ambulante Fälle gleichermaßen vergütet werden, sofern sie der Definition der einzelnen Hybrid-DRGs entsprechen. Da die Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung diese nicht in der gesetzten Frist vereinbart haben, musste das BMG selbst das InEK mit der Entwicklung beauftragen und die Einführung der Hybrid-DRGs über eine eigene Verordnung regeln. Für 2024 ist zunächst ein mengenmäßig überschaubarer Startkatalog von 12 Hybrid-DRGs eingeführt worden, der quantitativ im Wesentlichen einen Einfluss auf die Finanzierung von Eingriffen bei Hernien haben wird und nur Fälle mit einer Verweildauer von einem Belegungstag umfasst. Die Vergütungsabschläge im Vergleich zu einer Abrechnung nach dem DRG-Katalog für 2024 (und einem Basisfallwert von 4.200 €) liegen für die 12 Hybrid-DRGs zwischen 24 und 59 %. 2025 könnte es zu einer erheblichen Ausweitung der Bedeutung der Hybrid-DRGs kommen. Ob diese dann weiterhin nur Fälle mit einem Belegungstag umfassen werden, ist noch offen.

Weitere Gesetzesvorhaben

Die Regierungskommission hat noch weitere Empfehlungen und Stellungnahmen abgegeben. Ob diese alle noch in dieser Legislaturperiode in die Umsetzung kommen werden, darf bezweifelt werden. Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde versucht, eine Reform der Notallversorgung anzustoßen. Der Reformbedarf hier ist unbestritten. Sollten die Anregungen der Regierungskommission zur Reform der Notfallversorgung und des Rettungswesens umgesetzt werden, so wäre auch hierdurch eine Reduktion der Fallzahlen in den betroffenen stationären Leistungssegmenten mit daraus regional resultierenden Überkapazitäten zu erwarten.

Strategien der Krankenhausträger

Jedes Krankenhaus muss sich unter diesen Rahmenbedingungen überlegen, mit welchem Szenario es in die Zukunft geht. Ein „weiter so wie bisher“ wird für die meisten Krankenhausstandorte ausscheiden. Vielmehr ist zu prüfen, was realistisch auch in der Zukunft erbracht werden kann unter Berücksichtigung der Personalverfügbarkeit, der Mindestmengenregelungen, aber insbesondere auch der Nachfrage im Einzugsgebiet und des Wettbewerbs. Bieten mehrere Krankenhausstandorte prinzipiell die gleichen Leistungen im Einzugsgebiet an, bietet sich die Absprache untereinander, gerade bezüglich der Erbringung hochspezialisierter Leistungen, an. Nicht jeder Standort, der heute Pankreas- und Ösophaguseingriffe durchführt, wird diese auch zukünftig durchführen können. Ohne Absprache droht teilweise der Verlust dieser Leistungen für ganze Regionen. Deshalb sollte eine Konzentration auf einzelne Standorte in der Region erfolgen, um komplexe medizinische Leistungen in der Region zu halten.

Die Notwendigkeit, sich als Krankenhaus neu zu erfinden, entsteht jedoch nicht erst mit der neuen Krankenhausreform. Die sich dramatisch entwickelnden äußeren Einflüsse (Fallzahl- und Erlösrückgang, nicht gegenfinanzierte Kostensteigerungen, nicht mehr selbst finanzierbarer Investitionsbedarf etc.) machen den noch alleinstehenden Krankenhäusern und kleineren Krankenhausgesellschaften mit mehreren Krankenhäusern deutlich, dass die Herstellung der Wirtschaftlichkeit eine kaum noch zu bewältigende Aufgabe darstellt. Dies gilt insbesondere für kleine Fachabteilungen und Krankenhäuser, in denen die für die Leistungserbringung notwendige Mindestpersonalvorhaltung aufgrund zu geringer Leistungsmengen nicht mehr kostendeckend gegenfinanziert werden kann. Daraus entsteht der Zwang zur Bildung größerer Leistungseinheiten, um die Personal-Leistungs-Relationen zu verbessern und damit durch höhere Produktivität auch die Wirtschaftlichkeit wiederherzustellen. Diese Effekte treiben die Schaffung von Verbundlösungen an, mit der Tendenz, dass insbesondere kleinere Krankenhäuser zunehmend vom Markt verschwinden werden.

Auch kommunale Krankenhäuser können sich nicht darauf verlassen, dass die häufig praktizierten Defizitausgleiche durch die Träger fortgeführt werden können. Einerseits ist fraglich, ob die dadurch entstehende Wettbewerbsverzerrung rechtlich zulässig ist, andererseits konkurriert der Krankenhausbereich auch mit anderen Verpflichtungen zur Daseinsvorsorge, die bei Einhaltung der Schuldenbremse nicht dauerhaft zurückgestellt werden können.

Werden die Reformziele erreicht?

Ob die Ziele der Reform mit der aktuell diskutierten Umsetzung überhaupt erreicht werden können, ist fraglich. Vor Beantwortung dieser Frage ist zunächst zu klären, was die Ziele der Reform sind. Es gibt die Ziele des Eckpunktepapiers, die Ziele auf der Webseite des BMG, die Ziele der Regierungskommission und weitere, teils öffentlich geäußerte, teils aus den Vorschlägen implizit ableitbare Ziele. Öffentliche Ziele stellen die „Gewährleistung von Versorgungssicherheit“ (siehe Eckpunktepapier, BMG 2023), die „Entökonomisierung“ (siehe BMG-Webseite), die „Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität“ sowie die „Entbürokratisierung“ dar. Darüber hinaus sind ggf. noch die „Ziele“ der Zentralisierung komplexer Leistungen, die Personalumverteilung und Fallzahlreduktion (auch durch Hybrid-DRGs, Ambulantisierung, Etablierung sektorübergreifender Versorgungseinrichtungen und die Reform der Notfallstrukturen), zu nennen.

Dass eine bessere (= höhere) Finanzierung ein Ziel der Reform wäre, wurde durch den Begriff „Entökonomisierung“ suggeriert, jedoch nie konkret versprochen. Der Minister spricht von einer „Art Existenzgarantie“ (Webseite des BMG). Eine von den Krankenhäusern erwartete verbesserte Finanzierung könnte durch die Einführung der Vorhaltefinanzierung nach der derzeitig beschriebenen Methodik nur temporär und nur dann erreicht werden, wenn Leistungsangebote und Leistungsmenge jährlich deutlich reduziert würden. Die Auswirkungen der Vorhaltefinanzierung sind im Ergebnis insbesondere für die leistungsmäßig wachsenden Krankenhäuser noch unklar. Perspektivisch werden jedoch weiterhin vorrangig wachsende Krankenhäuser überleben.

Die offiziellen Ziele der Reform sind unbestreitbar richtig. Wir können nicht mehr alle heutigen Krankenhausstandorte weiter betreiben. Insbesondere weil uns dafür jetzt schon und zukünftig noch stärker das Personal fehlen wird, aber auch weil die Notwendigkeit unter Berücksichtigung des stationären Versorgungsbedarfes nicht mehr in dem Umfang der heute verfügbaren Kapazitäten besteht. Allerdings kann eine Reform, die erfolgreich durchgeführt werden soll, nicht einseitig das Ziel der Konzentration von Krankenhausstandorten beinhalten, sondern muss auch den Weg differenziert aufzeigen, wie wir in unserem Land zu einer neuen zukünftig benötigten Versorgungsstruktur kommen. Das geht nicht ohne eine konkrete Zielplanung, die beschreibt, welche Krankenhausstandorte mit welchen Leistungsangeboten an welchen Lokalisationen zukünftig notwendig sind. Der Prozess für die Entwicklung einer Zielplanung muss auch die historisch entstandenen Versorgungsrealitäten berücksichtigen. Ein theoretisches Konstrukt ohne Berücksichtigung der Versorgungsrealitäten wird kaum umsetzbar sein. Die enormen finanziellen Mittel zu einer radikalen Transformation stehen uns mit großer Wahrscheinlichkeit nicht und vor allem nicht kurzfristig zur Verfügung. Auch die Akzeptanz der Bevölkerung ist ein notwendiges Kriterium für eine erfolgreiche Umsetzung. Aktionsbündnisse und Bürgerinitiativen, die Bürgerentscheide herbeiführen, finden wir an verschiedenen Stellen in Deutschland. Wie soll eine Umstrukturierung erreicht werden, wenn Bürgerentscheide durch die Kippung von Kreistagsbeschlüssen den notwendigen Veränderungsprozess zumindest temporär blockieren können, weil die Länder keine Zielplanung entwickelt haben und damit auch nicht offen gegenüber den Bürgern kommunizieren können?

Die Umstellung der Krankenhausfinanzierung wird in der angedachten Systematik nur zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser führen, wenn Krankenhäuser in relevantem Umfang aus der Versorgung ausscheiden und die freiwerdenden Finanzierungsanteile auf die verbleibenden Krankenhäuser umverteilt werden, die dann jedoch auch die Versorgung übernehmen müssten. Hierfür wären Investitionen und ein angemessener Zeitrahmen notwendig. Da die zu verteilenden Vorhaltebudgets für die einzelnen Leistungsgruppen in den Bundesländern jährlich neu berechnet werden sollen, führen Fallzahlrückgänge zeitversetzt zu einer reduzierten Vorhaltevergütung und damit einem Abzug von Ressourcen aus der Krankenhausvergütung. Ein Mengenbezug der Vorhaltvergütung bleibt damit bestehen.

Die Länder fordern sehr zeitnah eine Verbesserung der Krankenhausfinanzierung durch Anhebung der Landesbasisfallwerte (auch rückwirkend für 2022 und 2023, um die gestiegenen Kosten im Sach- und im Personalbereich auszugleichen). Der Bundesgesundheitsminister erkennt diese Forderung teilweise an. Bei einer vollständigen Umsetzung der Forderung der Krankenhäuser wird jedoch von Seiten der Kostenträger und der Bundespolitik befürchtet, dass die bestehende Krankenhauslandschaft durch einen verringerten Veränderungsdruck konserviert wird. Auch rein krankenhausplanerische Maßnahmen benötigen ihre Zeit. Insofern erscheint die Finanzierung für kleinere und nicht wachsende Krankenhäuser eher schlechter zu werden, sofern keine finanzielle Sicherstellung auf anderem Weg erfolgt. Ein Mechanismus der Existenzgarantie für Krankenhäuser ist im Gesetzesentwurf bislang entgegen der Ankündigung noch nicht zu finden.

Auch das Problem der Refinanzierung der Investitionskosten wird durch die Reform nicht gelöst. Die Bundesländer fordern bei Förderung häufig eine Eigenbeteiligung der Träger (§ 8 Abs. 1 S. 2 KHG) und viele Krankenhäuser haben noch Schulden für Eigeninvestitionen zurückzuzahlen. Die neue Finanzierungsmethodik lässt wenig Spielraum für die Erwirtschaftung von Deckungsbeiträgen. Der reduzierte rDRG-Anteil (rDRG = residuale DRG nach Abzug der Vorhaltung von den aDRGs) dürfte den einzigen Bereich darstellen, in dem bei Steigerung der Fallzahlen und der Vermeidung von variablen Sachkosten („ökonomische Fallselektion“?) noch substanziell Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden können. Letztlich dürfte daher eher eine Verstärkung des Hamsterrads resultieren. Eigeninvestitionen werden aber sicher deutlich unattraktiver und Kredite dürften schwerer sowie zu schlechteren Konditionen zu bekommen sein. Die Bundesländer und ggf. auch der Bund müssten über einen Strukturfonds zukünftig die volle Verantwortung für eine zukunftsfähige Ertüchtigung häufig maroder Krankenhausstrukturen übernehmen. Die Bereitschaft dazu ist bislang nicht ausreichend zu erkennen.

Die Ziele der Daseinsvorsorge („Existenzgarantie“) und Entökonomisierung dürften mit den bisherigen Konzepten somit sicher nicht zu erreichen sein. Auch das Ziel der Entbürokratisierung ist mit den hochkomplexen Ansätzen, die neue und umfangreichen Vorgaben sowie deren Kontrollen bedingen, nicht erreichbar. Das Eckpunktepapier zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen (Empfehlungen nach § 220 Absatz 4 SGB V, BMG 2023b) leistet in Bezug auf die Maßnahmen in der stationären Versorgung einen Offenbarungseid.

Dass die Qualität (Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität) wirklich verbessert wird, ist fraglich. Es ist zwar richtig, dass durch die Qualitätskriterien der Leistungsgruppen eine Mindeststrukturqualität für die Leistungserbringung vorausgesetzt wird und nur in Ausnahmefällen unterschreitbar sein soll. Diese sollte jedoch durch die meisten Häuser heute schon erreichbar sein. Eine Ausnahme stellen hochkomplexe Leistungen dar, die durch Konzentration auf weniger Leistungserbringer häufiger, und damit potenziell besser, an weniger Standorten erbracht werden. Der aktuell weiter eskalierende Personalmangel soll durch eine Bündelung der Leistungen und des dazugehörigen Personals teilweise oder auch ganz kompensiert werden. Hierdurch könnte die Reform einen Beitrag leisten, die Qualität auch für die Zukunft zu sichern, die wir in den vergangenen Jahren in den deutschen Krankenhäusern kennengelernt haben. Eine wirkliche Verbesserung wird es wahrscheinlich nicht geben, da trotz Bündelung der Ressourcen der Personalmangel auch weiterhin die reale Versorgung prägen wird.

In eine Qualitätsbetrachtung muss auch immer der Teil der Bevölkerung mit einbezogen werden, der durch eine Reform gar keine Versorgung mehr erhalten oder aufgrund der Umstände in Anspruch nehmen wird. Wird der Fokus nur auf wenige hochspezialisierte Segmente der Versorgung verengt, entsteht ein Zerrbild der Versorgungsrealität. Bei nüchterner Betrachtung muss eingestanden werden, dass über eine Krankenhausplanung immer nur sehr begrenzt eine Verbesserung der Versorgungsqualität erreicht werden kann. Krankenhausplanung ist sehr träge und kann wenig flexibel auf Qualitätsprobleme reagieren. Letztlich findet aber die Erkenntnis, dass die Qualität dorthin muss, wo der Bedarf ist, und es nicht einfach umgekehrt geht, zu wenig Beachtung in der Diskussion um die Qualitätsaspekte der Krankenhausreform. Wenn ein Krankenhausstandort, der dringend benötigt wird, die geforderte Qualität nicht einhalten kann, ist im Einzelfall immer abzuwägen, welche Maßnahme zu mehr Qualitätsverlust führt: die Weiterführung trotz der Qualitätsmängel oder die Versorgungslücke durch Wegfall der Versorgung. Bestenfalls wird der Standort – auch finanziell – in die Lage versetzt, die Qualitätsmängel zu beseitigen. Auch muss beachtet werden, dass eine Monopolbildung durch Zentralisierung bei wenig komplexen elektiven Eingriffen (z. B. Endoprothetik), insbesondere wenn die Qualität mit vom Einsatz unterschiedlich teurer Medizinprodukte abhängen kann, nicht zwangsläufig eine Qualitätssteigerung induzieren muss. Ein Narrativ, das mit dem Verweis auf die Ergebnisse bei hoch komplexen kurativ ausgerichteten onkologischen Eingriffen gebildet wird, kann nicht ohne Weiteres auf alle medizinischen Bereiche der stationären Versorgung übertragen werden.

Wie geht es weiter?

Nun bleibt abzuwarten, ob und wie sich Bund und Länder bzgl. des Krankenhaustransparenzgesetzes einigen. Das Ergebnis wird auch einen Einfluss auf die weitere Entwicklung und mögliche Finalisierung des KHVVG haben. Bei Nichteintreten des gewünschten Erfolges kann der Bundesminister darauf verweisen, dass sein ursprüngliches Konzept (3. Empfehlung der Regierungskommission) von den Ländern „weichgekocht“ wurde und diese das Ergebnis daher zu verantworten hätten. Es wird nun gut zu beobachten sein, in welcher Form bzw. mit welchen Regelungen ein endgültig ausgestaltetes Gesetz durch den Bundestag und den Bundesrat verabschiedet wird. Dabei werden die Länder ein gewichtiges Wort mitreden wollen.

Ob es diplomatisch geschickt war zu versuchen, das Krankenhaustransparenzgesetz mit hoher Geschwindigkeit durchzudrücken, bevor die Regelungen für die große Krankenhausstruktur- und Finanzierungsform zwischen Bund und Ländern konsentiert sind, wird sich zeigen. Noch (Mitte Januar 2024) ist völlig unklar, wie bei vielen kontroversen Positionen ein Konsens gefunden werden soll, der in einem mehrheitlich verabschiedeten KHVVG mündet. Der politische Diskurs dreht sich selbst ein Jahr nach Beginn noch immer um die Fragen der Verteilung der finanziellen Lasten und des zukünftigen Einflusses auf die Strukturen der Krankenhausplanung. Problematisch wird es, wenn hierzu ein politischer Kompromiss gefunden wird und dabei nicht hinreichend berücksichtigt wird, dass die technische Umsetzung noch gar nicht ausgereift ist. Das Grundkonzept mit seiner engen Verknüpfung von Krankenhausplanung und -finanzierung über die Leistungsgruppen ist so komplex und unflexibel, dass es kaum als „lernendes System“ funktionieren kann. Nachträgliche Korrekturen dürften äußerst schwer in die Mechanismen und Automatismen einzugliedern sein.

Damit kann die Unsicherheit für die Krankenhäuser aktuell nicht beseitigt werden, sodass diese unter dem Druck enormer Zukunftsängste versuchen, den Betrieb aufrecht zu erhalten, soweit es ihnen wirtschaftlich überhaupt noch möglich ist. Dazu kommt die Personalmangelproblematik, die auch durch höheren finanziellen Einsatz (Honorarkräfte im ärztlichen und pflegerischen Bereich) nicht wirklich beseitigt werden kann und die Leistungserbringung und damit auch die Erlössituation täglich beeinträchtigt.

Wenn dann das Gesetz einmal steht, müssen die einzelnen Länder noch die Rahmenbedingungen umsetzen und eventuell auch durch das Gesetz ermöglichte Ausnahmeregelungen zur landesseitigen Ausgestaltung nutzen. Sofern kein zusätzliches Geld (Erhöhung der Betriebskostenfinanzierung) für die Krankenhäuser bereitgestellt wird, ist sicher zu erwarten, dass gerade Krankenhäuser in gemeinnütziger Trägerschaft aus wirtschaftlichen Erwägungen in Umstrukturierungen gezwungen werden, die zum Teil auch durch Eintreten von Insolvenzen angestoßen werden. Es bleibt abzuwarten, wie lange die Politik ihre Verweigerung der finanziellen Besserstellung der Krankenhäuser unter diesen Aspekten durchhalten kann. Insbesondere in NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, dominiert die freigemeinnützige Trägerschaft.

Fazit

Mit der Vorstellung der Reform durch den Bundesgesundheitsminister wurden viele positive Signale wie Entökonomisierung, Absicherung der Krankenhäuser über Vorhaltefinanzierung, Verbesserung der Versorgungsqualität etc. gesendet. Es ist aber zu bezweifeln, dass mit diesem komplexen Reformansatz diese Ziele erreicht werden können. Insbesondere ist aktuell noch nicht nachvollziehbar, wie eine wirtschaftliche Absicherung der Krankenhäuser erfolgen soll. Theoretisch wird sie erfolgen, wenn deutlich weniger Krankenhausstandorte für die Leistungserbringung zur Verfügung stehen und bei bestehenbleibendem Ausgabevolumen eine Umverteilung der durch ausscheidende Krankenhäuser freiwerdenden Finanzmittel auf weniger Standorte erfolgt. So wie die Reform angesetzt ist, würde dies jedoch viele Jahre dauern (mindestens bis 2029) und nur unter der Prämisse, dass es nicht zu weiteren Fallzahlreduktionen (z. B. durch Ambulantisierung/Reform der Notfallversorgung) kommt. Der Gesetzgebungsprozess macht deutlich, dass der ersten Euphorie eine deutliche Ernüchterung gefolgt ist. Es zeigt sich, dass ein Teil der visionären Vorschläge der Regierungskommission im Realitätscheck auf Hürden stößt, deren Überwindung nicht trivial ist und den ursprünglichen Zeitplan deutlich verlängern wird. Bisher existieren nur Arbeitsentwürfe zum KHVVG, ein Referentenentwurf ist noch nicht in Sicht. Das BMG hatte für Anfang Dezember einen weiteren Arbeitsentwurf angekündigt. Dieser Termin wurde wie viele andere Ankündigungen nicht eingehalten.

Ja, wir brauchen dringend eine Reform. Diese wird aber nicht in einfacher Umsetzung der ursprünglichen dogmatisch-theoretischen Ansätze münden können, sondern alternativ in der Diskussion mit Praktikern entwickelte, realistisch umsetzbare Maßnahmen zur Erreichung der Reformziele benötigen. Nur dann wird es gelingen, die Grundlagen für eine erfolgreiche und zukunftsfähige Neustrukturierung der Versorgungsstruktur zu schaffen. Die Bundesländer verweigern sich nicht, wie häufig vom Bund vorgeworfen, sondern fordern zurecht eine Korrektur der ursprünglichen Reformansätze ein, damit die Ziele der Reform auch erreicht werden können.

Weiterführende Literatur

Prof. Dr. med. Norbert Roeder
Dr. med. Wolfgang Fiori
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