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Zu den Regeln der Auskunftserteilung nach dem Entgelttransparenzgesetz – neue Entscheidung


von Sebastian Menke

Zum 30.06.2017 ist das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (EntgTranspG) in Kraft getreten. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Entgeltgerechtigkeit zwischen Männern und Frauen herzustellen. Das Gesetz hat konkrete Auswirkungen für den Krankenhausbetrieb (hierzu bereits KH-J 2017, S. 89 f.). In einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg vom 09.03.2021 wurde nun die bislang noch ungeklärte, aber für den laufenden Krankenhausbetrieb relevante Frage beantwortet, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber die Auskunftsverpflichtung gemäß § 14 Abs. 2 EntgTranspG übernehmen und damit die Auskünfte über die Entgeltzusammensetzung ohne Beteiligung des Betriebsrates direkt gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erteilen kann.

Übernahmeerklärung durch den Arbeitgeber

Bisher war gerichtlich noch nicht geklärt, ob eine Übernahme der Auskunftserteilung nur vor dem konkreten Auskunftsverlangen eines einzelnen Mitarbeiters erklärt werden kann oder auch danach (s. dazu einerseits Erfurter Kommentar, Schlachter, EntgTranspG, § 14 Rn. 16; Richter, Arbeitsrecht aktuell 2018, 570,572; andererseits Günther/Heup/Mayr, NZA 2018, 545, 548).

Nach Auffassung des LAG ist dies – jedenfalls bezogen auf das konkrete Auskunftsverlangen des Mitarbeiters – nur vor seinem Auskunftsverlangen möglich, damit die Mitarbeiter entscheiden können, ob das Risiko eines möglichen Konfliktes mit dem Arbeitgeber eingegangen werden soll, wenn dieser erklärt hat, dass er die Auskunftserteilung übernehmen würde. Diese Risikoabwägung könne nicht erfolgen, wenn es dem Arbeitgeber ermöglicht werde, die Auskunftserteilung auch im Nachhinein an sich zu ziehen; vielmehr würde dies dem Sinn und Zweck des EntgTranspG und insbesondere der Regelung des § 14 EntgTransG widersprechen.

Übernahme in bestimmten Fällen

Das LAG hatte sich ferner damit zu befassen, ob die Übernahme in „bestimmten Fällen“ nach § 14 Abs. 2 EntgTranspG nun auch für ein konkretes Auskunftsverlangen eines einzelnen Mitarbeiters erfolgen könne. Dies hat das Gericht abgelehnt. Nach dessen Auffassung hat der Gesetzgeber hiermit ebenfalls einen kollektiven Bezug im Sinn und möchte die Übernahme nur in bestimmten Fällen für einzelne Gruppen von Arbeitnehmern. „Bestimmte Fälle“ i. S. d. § 14 Abs. 2 EntgTranspG seien daher dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber Arbeitnehmergruppen abstraktgenerell definieren müsse, um die Auskunftsverpflichtung zu übernehmen. Dies gelte z. B. für die außertariflichen Angestellten (BT-Drucksache 18/111 33, S. 64.). Daher könne der Arbeitgeber ein konkretes individuelles Auskunftsverlangen eines einzelnen Mitarbeiters/einer einzelnen Mitarbeiterin nach § 14 Abs. 2 EntgTranspG nicht (mehr) übernehmen.

Auswirkung für die Praxis

Das Gericht hat sehr deutlich darauf hingewiesen, dass der Auskunftsanspruch nach dem EntgTranspG gerade nicht mit den Beschränkungen eines Auskunftsanspruchs des Betriebsrats nach § 80 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gleichzusetzen ist. Die bisher hierzu ergangene Rechtsprechung hatte sich diesbezüglich nicht eindeutig positioniert. Das LAG hat klargestellt, dass der Auskunftsanspruch nach dem EntgTranspG von dem betriebsverfassungsrechtlichen Ausspruch losgelöst zu bewerten ist und daher einen eigenständigen Auskunftsanspruch statuiert.

Nach dieser Entscheidung ist ein Arbeitgeber gehalten, sich im Vorfeld genau zu überlegen, ob er die Auskunftserteilung übernehmen und damit de facto das Heft in die Hand nehmen möchte. Sofern er dies beabsichtigt, ist dringend zu empfehlen, eine solche Übernahmeerklärung vor einem entsprechenden Auskunftsverlangen eines Mitarbeiters zu realisieren. Da eine solche Übernahmeerklärung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG für die gesamte Amtszeit des Betriebsrates erklärt werden kann, sollte der Arbeitgeber sich im Vorfeld Gedanken machen, ob er die Auskunftserteilung generell für die Amtszeit übernehmen oder diese beschränken will. Dies führt zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand. Sofern er dies jedoch nicht will, kann er sich zwar auf bestimmte (kollektive) Fälle beschränken, muss diese jedoch abstrakt beschreiben und dies dem Betriebsrat gegenüber vor einem entsprechenden Auskunftsverlangen erklären. Eine Übernahme der Auskunftsverpflichtung für einzelne Mitarbeiter ist jedenfalls nach deren Auskunftsverlangen nach der Entscheidung nicht mehr möglich. Dies sollte in der Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern und dem Betriebsrat entsprechend berücksichtigt werden.

Ferner gilt es für den Arbeitgeber zu beachten, dass nach Ende der Amtszeit des Betriebsrates eine erneute Übernahmeerklärung samt Begründung des Arbeitgebers zu erfolgen hat. Andernfalls greift § 14 Abs. 2 Satz 2 EntgTranspG.

Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wurde zwar zugelassen. Diese wurde jedoch nicht eingelegt. Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg ist damit rechtskräftig.

Rechtsanwalt Sebastian Menke, LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Busse & Miessen Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
Rankestraße 8, 10789 Berlin