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Angestellter im eigenen MVZ: BSG erschwert Nachfolgeplanung


von Dr. Eva Rütz und Dr. Hendrik Bernd Sehy

Vertragsärzte, die ein MVZ in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) errichten wollen, dabei aber als Angestellte im eigenen MVZ tätig werden, könnten auf Widerstand vor den Zulassungsausschüssen stoßen: Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass eine Anstellungsgenehmigung nur demjenigen Arzt erteilt werden darf, der auch sozialversicherungsrechtlich als Beschäftigter anzusehen ist.

Was war passiert?

Eine vormalige aus zwei gleichberechtigten Gesellschaftern bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) sollte in ein MVZ umgewandelt werden. Diese MVZ-Trägergesellschaft sollte eine GbR werden. Die beiden Gesellschafter verzichteten auf ihre vertragsärztliche Zulassung, um dann auf Basis einer vertragsarztrechtlichen Anstellungsgenehmigung für das MVZ tätig zu werden. Die Zulassungsgremien verweigerten die Erteilung der Anstellungsgenehmigung mit dem Argument, wer Gesellschafter sei, könne nicht zugleich als angestellter Arzt im MVZ tätig sein. Beide Positionen schlössen sich wechselseitig aus. Ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung der Anstellung nach Zulassungsverzicht bestehe nur, wenn die MVZ-Trägergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH betrieben werde.

Entscheidung des Sozialgerichts

Das Sozialgericht Magdeburg (SG) folgte dieser Auffassung nicht und bejahte dogmatisch zutreffend einen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Anstellungsgenehmigungen (vgl. Urt. v. 18.11.2020, Az.: S 1 KA 25/18). Es betonte, dass weder die Größe ihres Gesellschafteranteils noch ihr Einfluss auf die MVZ-GbR und damit die arbeits- oder sozialversicherungsrechtliche Einordnung ihrer Anstellung es den Zulassungsgremien erlaubten, die Anstellungsgenehmigung zu versagen. Denn § 95 Abs. 6 Satz 4 SGB V räume ein, dass die Gründereigenschaft auch für angestellte Ärzte bestehen bliebe, solange sie in dem MVZ tätig und Gesellschafter des MVZ seien. Maßgeblich seien allein diese vertragsarztrechtlichen Gesichtspunkte.

Sprungrevision zum Bundessozialgericht

Die Sprungrevision (vgl. BSG, Urt. v. 26.01.2022, Az.: B 6 KA 2/21 R) kam allerdings zum gegenteiligen Ergebnis. Das BSG vertrat die Auffassung, es gäbe keinen eigenen Angestelltenbegriff im Vertragsarztrecht. Folglich könne eine Anstellungsgenehmigung zulassungsrechtlich auch nur dann erteilt werden, wenn der betroffene Arzt auch sozialversicherungsrechtlich die Position eines Angestellten im MVZ aufnehme.

Auswirkungen der Entscheidung auf die Nachfolgeplanung und strategische Investitionen

Die genauen Entscheidungsgründe bleiben noch abzuwarten. Schon jetzt wird aber kontrovers diskutiert, ob diese Rechtsprechung auch auf MVZ übertragen werden muss, die in der Rechtsform einer PartG oder GmbH errichtet werden sollen. Im Streitfall selbst hatte der Zulassungsausschuss das noch verneint. Erstaunlich ist die Entscheidung des BSG allemal deshalb, weil der Gesetzgeber den zuvor herrschenden Streit um die Gründereigenschaft des angestellten Vertragsarztes mittels § 95 Abs. 6 Satz 4 SGB V gerade erst aufgelöst hatte. Besonders brisant: Die weitere Ergänzung in § 95 Abs. 6 Satz 5 letzter Halbsatz SGB V ( „[…]; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. “) sieht den Fall des „angestellten Gesellschafters“ ausdrücklich als zulässig an. Weiterhin bleibt die Frage offen, aus welchem Grund ein Gleichlauf des arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen mit dem vertragsarztrechtlichen Angestelltenbegriff zwingendes Ergebnis dieser Entscheidung sein musste. Angesichts der prägnanten und zutreffenden Begründung des SG dürfte es dem BSG schwerfallen, dies vertretbar zu begründen. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass bereits die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Begriffe des Arbeitnehmers bzw. Beschäftigten in sich nicht identisch, sondern stets im Lichte des jeweiligen Normgefüges und seines Telos zu werten sind. Besonderes Ungemach könnte aber drohen, wenn die Urteilsbegründung auch eine Erstreckung auf andere Rechtsformen ergeben sollte: Für die PartG ist dies wegen ihrer personengesellschaftsrechtlichen Wurzeln zu befürchten. Gravierender fast wäre eine Erstreckung auf die GmbH und im Besonderen auf die Nachfolgeplanung nahezu aller inhabergeführten MVZ. In Vorbereitung einer Praxisabgabe zum geplanten Renteneintritt gründen Ärzte häufig frühzeitig ein MVZ, verzichten dabei auf ihre vertragsärztliche Zulassung und wechseln ins Angestelltenverhältnis im eigenen MVZ. Clou an dieser Variante ist, dass ab Genehmigung der Anstellung nach Zulassungsverzicht die sog. „Dreijahres-Frist“ des BSG beginnt und „abgedient“ werden kann. Nach drei Jahren sind die Praxisabgeber frei, ihr MVZ zu veräußern und nicht weiter in Anstellung tätig sein zu müssen. Sollte dieser probate Weg auch bei einer MVZ-GmbH zukünftig an der Entscheidung des BSG scheitern, wäre im Fall der Praxisabgabe eine mehrjährige Zusammenarbeit mit dem Erwerber unabwendbar.

Fazit

Soweit ersichtlich ohne Folge sollte das Urteil für MVZ-Gesellschaften bleiben, deren Gesellschafter bereits juristische Personen sind (bspw. Krankenhaus-MVZ), weil es hier eine Personenidentität zwischen Gesellschafter und Angestelltem denklogisch nicht geben kann. Bereits jetzt ist zu raten, die Strukturierung von MVZ mit dem Fokus „Nachfolgeplanung“ frühzeitig anzugehen und die Abstimmung mit den lokal zuständigen Zulassungsgremien zu suchen.

Rechtsanwältin Dr. Eva Rütz, LL.M.
Fachanwältin für Medizinrecht, Fachanwältin
für Arbeitsrecht
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Graf-Adolf-Platz 15, 40213 Düsseldorf

Rechtsanwalt Dr. Hendrik Bernd Sehy
Fachanwalt für Medizinrecht
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Berliner Allee 26, 30175 Hannover