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Rechtsfragen zur Corona-Pandemie, Teil 2


(Stand: 03.07.2020)

von Volker Ettwig und Sonja Zimmermann

In KH-J 2/2020 wurde erstmals der Gesamtüberblick für Krankenhäuser dargestellt (Etterer/ Ettwig/ Tsambikakis, KH-J 2020, 37). Nun scheint die erste Corona-Welle gerade überwunden. Ob eine zweite Welle kommt, ist ungewiss. Deshalb gibt es nach wie vor viele Rechtsfragen rund um Corona, die für die tägliche Praxis in Krankenhäusern relevant sind oder (wieder) werden können. Einige davon werden nachfolgend aufgegriffen.

Können Mitarbeiter verlangen, im Homeoffice zu arbeiten?

Manche Mitarbeiter haben in den letzten Monaten ihre Tätigkeit im Homeoffice schätzen gelernt. Sie möchten dies gerne – zumindest zeitweise – fortsetzen, um z.B. Fahrtzeiten zu sparen. Doch die Frage, ob sie dies verlangen können, ist eindeutig zu beantworten: Nein, das können sie nicht. Es gibt keinen Anspruch, im Homeoffice zu arbeiten. Mitarbeiter, die über die nötige technische Ausstattung für mobiles Arbeiten verfügen, müssen sich mit dem Arbeitgeber einigen, ob dauerhaft von zuhause gearbeitet werden kann oder nicht. Bei dauerhafter Tätigkeit im Homeoffice gelten dann die strengen (Arbeitsschutz-) Anforderungen, die an Telearbeit gestellt werden. Das corona-bedingte Homeoffice unterfiel „nur“ dem sog. mobilen Arbeiten. Mobiles Arbeiten bezeichnet Tätigkeiten, die außerhalb der gewöhnlichen Arbeitsstätte unter Nutzung eines stationären oder tragbaren Computers stattfinden. Mobiles Arbeiten ist gerade nicht dauerhaft zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitervereinbart. Hier gelten deshalb die allgemeinen Vorgaben des Arbeitsschutzes und des Arbeitszeitgesetzes, wie sie auch bei Tätigkeit im Büro gelten. Wichtig: Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung hat unlängst klargestellt, dass mobiles Arbeiten in einer Ausnahmesituation wie der Corona-Pandemie auch über einen längeren Zeitraum ausgeübt werden darf. Während der mobilen Arbeit besteht damit der gesetzliche Unfallversicherungsschutz fort. Darüber hinaus besteht der Unfallversicherungsschutz aber nicht automatisch fort.

Quarantäne nach der Rückkehr aus dem Urlaub

Die ist noch nicht vorbei und das Reisen ist mit Einschränkungen wieder möglich. Neben der Frage, in welche Länder man überhaupt einreisen kann, da es für diverse Staaten noch Einreisebeschränkungen gibt, interessiert sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber, ob die Rückkehr aus dem Urlaub mit der Einhaltung von Schutzmaßnahmen verbunden sein wird. Nach der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-Co-V-2 in Bezug auf Ein- und Rückreisende (Coronaeinreiseverordnung – CoronaEinrVO) in der Fassung ab dem 7. Juli 2020 für Nordrhein-Westfalen gilt z.B., dass sich Personen, die aus dem Ausland einreisen und sich vor der Einreise innerhalb von 14 Tagen in einem sogenannten Risikogebiet aufgehalten haben, grundsätzlich in Quarantäne begeben müssen. Diese Quarantäne setzt zunächst keine individuelle behördliche Anordnung voraus. Stattdessen begibt sich der Einreisende in Selbstquarantäne. In einer vorherigen Fassung waren die ausländischen Staaten aufgeführt, die nicht zu den Risikogebieten gehörten, so etwa die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island, Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland. Mittlerweile sieht die CoronaEinrVO vor, dass die betroffenen Risikogebiete im Sinne dieser Verordnung jene Staaten oder Regionen außerhalb von Deutschland sind, für die zum Zeitpunkt der Einreise ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht. Die jeweilige Einstufung erfolgt durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Inneren Bau und Heimat. Eine Veröffentlichung der Liste ist beim Robert Koch-Institut zu finden (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html), § 1 Absatz 4 CoronaEinrVO. Die Verordnung sieht in § 2 diverse Ausnahmen vor. Zudem besteht die Möglichkeit, im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden die Schutzmaßnahme abzuwenden, wenn ein ärztliches Zeugnis vorgehalten wird, welches bestätigt, dass keine Infektion mit dem Coroanvirus SARS-CoV-2 vorliegt. Es muss auf einer molekularbiologischen Testung beruhen und darf nicht älter als 48 Stunden vor Rückreise sein, s. § 2 Absatz 2 CoronaEinrVO. Für die Mitarbeiter, die jetzt eine Auslandsreise planen, ist es daher ratsam, sich schon vor Reiseantritt darüber zu informieren, ob für sie eine Quarantänepflicht bei der Rückkehr vorgesehen ist. Dies sollte bei der Urlaubsplanung mit berücksichtigt werden. Die CoronaEinrVO a.F. enthielt einen Verweis auf das Infektionsschutzgesetz; bei einer Quarantäne sollten die Regelungen zum erlittenen Verdienstausfall entsprechend anwendbar sein. Es stellt sich jedoch die Frage, ob eine Entschädigung in Anspruch genommen werden kann, wenn die Schutzmaßnahme vermeidbar gewesen ist. So enthält das Infektionsschutzgesetz eine Regelung, die eine Entschädigung ausschließt, wenn eine Schutzmaßnahme z.B. durch Impfung zu verhindern gewesen wäre. Übertragen auf die Regelungen der COVID-19-Pandemie hätte die Selbstquarantäne auch immer dann verhindert werden können, wenn die Reise nicht angetreten wird, sollte zum Zeitpunkt des Reiseantritts schon eine Quarantänepflicht feststehen. Vor diesem Hintergrund und dem Fakt, dass die aktuelle Fassung eine entsprechende Anwendung nicht mehr vorsieht, wird auch bei einer Einzelfallbetrachtung keine Entschädigung des erlittenen Verdienstausfalls in diesen vorhersehbaren Fällen zu erwarten sein. Anders kann es aussehen, wenn eine behördliche Anordnung der Quarantäne vorliegt oder vielleicht sogar, wenn die Pflicht zur Quarantäne erst während des Urlaubs entstanden ist, da die epidemiologische Entwicklung in dem Land oder der Region kurzfristig zur Einstufung als Risikogebiet geführt hat. Da sich das Infektionsgeschehen kurzfristig und nicht vorhersehbar entwickelt, wird es in diesen Fällen vermutlich bei einer Einzelfallentscheidung bleiben.

Einschränkung von Besuchsmöglichkeiten in Krankenhäusern

Alle landesrechtlichen Verordnungen sahen in den letzten Monaten strenge Besuchsregelungen in Krankenhäusern vor. Gleiches galt für Pflegeheime. Zeitweilig gab es sogar umfassende allgemeine Besuchsverbote. Im Falle eines deutlichen Wiederanstiegs der Infektionszahlen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es wieder zu ähnlichen Regelungen kommen kann. Ob eine so umfassende Beschränkung rechtmäßig sein kann, hatte das OVG Berlin-Brandenburg in einem Eilverfahren über Besuchsbeschränkungen in Pflegeheimen zu entscheiden (Beschluss v. 03.04.2020 – 11 S 14/20). Das Gericht hat die vollständige Besuchsbeschränkung seinerzeit gebilligt, weil es sie in der Hochphase der Corona-Pandemie als erforderlich ansah. In gleicher Art und Weise hat der Verwaltungsgerichtshof München eine Besuchsbeschränkung für bayerische Krankenhäuser für rechtmäßig erklärt (VGH München, Beschl. v. 29.05.2020, Az.: 20 NE 20.167). Als Rechtsgrundlage für die mögliche Beschränkung stützten sich beide Gerichte auf § 28 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz Infektionsschutzgesetz. Danach können Personen zum Schutz anderer vor Ansteckungsrisiken u.a. verpflichtet werden, bestimmte Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Bei summarischer Prüfung konnte das OVG Berlin-Brandenburg keinen Verstoß gegen Grundrechte  erkennen. Und auch die Ermächtigungsgrundlage für die Landesregierung, eine solche Verordnung in Kraft zu setzen, wurde nicht in Zweifel gezogen. Der VGH München betont, dass der Verordnungsgeber nicht nur Schutzmaßnahmen ergreifen dürfe, die sich gegen die betroffenen Risikogruppen (hier also die Patienten des Krankenhauses) richten. Vielmehr dürfe der Verordnungsgeber auch Regelungen treffen, die den vermutlich gesünderen und weniger gefährdeten Menschen in gewissem Umfang Freiheitsbeschränkungen abverlangen. Schutzmaßnahmen, die sich allein gegen die Risikogruppen richteten, sah das Gericht als nicht ausreichend an.

Jedoch stellen derartige Regelungen weitgehende Eingriffe – auch in Grundrechte – dar. Krankenhäuser sollten daher jedenfalls davon absehen, über diese Regelungen hinaus zu gehen. Zu vermeiden sind Besuchsregelungen, die den Zugang von Besuchern zu Patienten über die jeweils maßgeblichen Verordnungen hinaus weiter beschränken würden (z.B. zu knappe Zeitfenster für Besuchsmöglichkeiten). Die Verordnungen der Länder stellen bereits die äußere Grenze der möglichen Beschränkungen dar. Die Länder müssen das Infektionsgeschehen laufend beobachten und ggfs. Regelungen zurücknehmen und erleichtern. Krankenhäuser sollten sicherstellen, dass Besuch von Patienten im Rahmen der Verordnungen ermöglicht wird. Praktische Umsetzungsmaßnahmen, die Besuche erschweren, könnten das zulässige Maß von Grundrechtsbeschränkungen überschreiten. Abgelehnte Besucher können dann per einstweiliger Verfügung Besuchsmöglichkeiten erzwingen.

Nach der aktuellen Coronaschutzverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen sind Krankenhausbesuche nur auf Basis eines einrichtungsbezogenen Besuchskonzeptes zulässig, das die Empfehlungen und Richtlinien des Robert Koch-Instituts zum Hygiene- und Infektionsschutz umsetzt. Die dezidierten Vorgaben der alten Version der CoronaSchVO sind in § 5 nicht mehr abgebildet. Sie gehen entweder teilweise in den allgemeinen Regelungen auf oder sind vereinzelt in den Vorgaben des Robert Koch-Instituts zu finden. Im Hinblick auf die Zugangsvoraussetzungen für Besucher sollten die Dokumentation des Besucherscreenings jedes einzelnen Besuchers sowie die damit verbundene Rückverfolgbarkeit weiterhin bestehen bleiben. Gleiches gilt natürlich für die Hinweise im Eingangsbereich, u.a. den Mund-Nasen-Schutz zu tragen, und auf das Gebot, Abstand zu halten. Bei hohem Aufkommen bietet es sich an, mit den Besuchern Termine zu vereinbaren, sodass bei Drei- oder Zweibettzimmern der Besuch nicht deshalb gefährdet ist, weil kein ausreichender Abstand gehalten werden kann. 

Zutritt zum Kreißsaal für werdende Väter

Ebenfalls mit einer Zutrittsfrage musste sich das Verwaltungsgericht Leipzig befassen (Beschl. v. 09.04.2020 – 7 L 192/20). Ein Krankenhaus hatte einem werdenden Vater den Zutritt zum Kreißsaal verweigert, um bei der Geburt seiner Zwillinge dabei sein zu können. Auch hier entschied das Gericht im vorläufigen Rechtsschutz, das Zutrittsverbot sei durch das Hausrecht gedeckt. Die Maßnahme diene der Verhinderung der Ausbreitung des Corona-Virus. Sie sei – zumindest damals – verhältnismäßig gewesen. Der Argumentation des werdenden Vaters, er könne Schutzkleidung tragen und Abstand halten, folgte das Gericht nicht. Auch hier wurden wie in den zuvor beschriebenen Fällen, Maßnahmen als zulässig angesehen, die an eine externe – gesundheitlich weniger gefährdete – Person gerichtet waren, um die Patienten des Krankenhauses zu schützen. Dabei ist wichtig: Absolute Grenzen gibt es nicht. Die Maßnahmen müssen immer wieder daraufhin überprüft werden, ob sie in der konkreten Situation erforderlich sind. Neben dem Wunsch, dem werdenden Vater Zutritt zum Kreißsaal zu gewähren, gab es in der Geburtshilfe eine häufige Nachfrage, ob der Vater in der Klinik mit übernachten kann. Sollte die Unterbringung in den „Familienzimmern“ der Geburtshilfestationen möglich sein –je nach Infektionslage ggf. verbunden mit der Auflage, das Familienzimmer nicht zu verlassen oder einen aktuellen negativen Coronatest mitzubringen – kann dies bei Bedarf und Kapazität eine Option sein, die für werdende Eltern bei der Auswahl der Klinik eine entscheidende Rolle spielen dürfte.

Digitalisierung

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen, die jedes Unternehmen zu Beginn der Pandemie machen musste, lässt sich als Beispiel für eine gute Vorbereitung auf eine mögliche zweite Infektionswelle auch die Digitalisierung von Arbeitsabläufen hervorheben. Nicht nur die bislang vorherrschende Präsenzkultur ist durch die Möglichkeit, Telefon- oder sogar Videokonferenzen für betriebsinterne Besprechungen zu verwenden, unterbrochen worden. Darauf aufbauende IT-Strukturen und -Ausstattung ermöglichen (nicht nur) im Falle der zweiten Welle eine flexible und effiziente Kommunikation. Gleiches gilt auch für den Klinikbereich mit der Option der Videosprechstunde für ermächtigte Ärzte, wenn eine zertifizierte Software verwendet wird. Daneben kann eine entsprechende Anwendung von z.B. Aufklärungsvideos für eine effiziente Patientenaufklärung nicht nur als Ergänzung zum Aufklärungsbogen dienen, sondern auch im Arzt-Patienten-Gespräch den Fokus auf das persönliche Aufklärungsgespräch legen. Da bei der Frage, ob ein Ansteckungsrisiko gegeben sein könnte, u.a. auch immer die Frage ausschlaggebend ist, wie lange der Kontakt stattgefunden hat, ist eine individuellere Nutzung der Kontaktzeit durch die Verwendung von zusätzlichem allgemeinen Aufklärungsmaterial vorab zu empfehlen. Die Aufklärungsvideos in Fremdsprachen können ebenfalls dazu dienen, effizienter vorzugehen; die Aufklärung des Patienten ersetzen können solche Maßnahmen bekanntermaßen nicht. Es bleibt die Erkenntnis, dass bereits aufgebaute und in den Anwendungsprozessen etablierte IT-Strukturen effizientes Arbeiten im erneuten Krisenfall ohne nennenswerte Verzögerung oder Orientierungsphase versprechen – und auch ohne Krisenmodus lassen sich diese Vorteile nutzen.

Meldepflicht nach einem Corona-Alarm

Seit kurzem kann die Corona-App des RKI heruntergeladen und verwendet werden. Doch was, wenn der Arbeitnehmer eine Warnmeldung erhält? Dann dürfte eine Hinweispflicht gegenüber dem Krankenhaus als Arbeitgeber bestehen. Die Warnung der Corona-App besagt, dass sich eine Person länger im Nähebereich einer infizierten Person aufgehalten hat. Es bestand also zeitweilig ein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Mitarbeiter, soweit sie sich selber infiziert haben, stellen eine Gefahr für ihre Kolleginnen und Kollegen und insbesondere auch für die Patienten dar. Auch wenn es normalerweise keine Pflicht gibt, seinem Arbeitgeber konkrete Krankheitsdiagnosen zu offenbaren, wird man hier eine Informationspflicht bejahen. Aufgrund der potenziellen Gefahr, die von dem Mitarbeiter nicht nur für Kollegen, sondern insbesondere auch für Patienten ausgeht, ist die Informationspflicht zu bejahen. Sie ergibt sich aus § 16 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz, wonach Arbeitnehmer jede unmittelbare erhebliche Gefahr für die Gesundheit dem Arbeitgeber zu melden haben. Auch aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber dürfte sich eine Meldepflicht ergeben. Nur bei Kenntnis einer möglichen Infizierung kann das Krankenhaus die notwendigen Maßnahmen ergreifen, die Infektion abzuklären sowie Patienten und andere Mitarbeiter zu schützen. Gerichtliche Entscheidungen zur Corona-App sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt.

Kontakt

Rechtsanwalt Volker Ettwig
Certified Compliance Expert
Tsambikakis&Partner Rechtsanwälte mbB
Leipziger Straße 124
10117 Berlin
ettwig@tsambikakis.com

Sonja Zimmermann, LL.M.
Syndikusrechtsanwältin
Rheinland Klinikum Neuss GmbH
Preußenstraße 84
41464 Neuss