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Straf- und arbeitsrechtliche Folgen von Immunitätsnachweisfälschungen


Bild von Freepik

von Dr. Markus Gierok und Dr. Thomas Köllmann

Im Frühjahr 2022 trat in Krankenhäusern die schon Ende 2022 wieder außer Kraft gesetzte Immunitätsnachweispflicht in Kraft. Dort tätige Personen mussten gegenüber der Krankenhausleitung entweder einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis, ein Impfunfähigkeitsattest oder ein Attest darüber, dass man sich im ersten Schwangerschaftsdrittel befindet, vorgelegt haben (§ 20a Abs. 2 S. 1 IfSG a.F.). Diese Pflichten gewannen zwischenzeitlich an Aktualität, weil der erforderliche vollständige Impfschutz seit dem 01.10.2022 nur noch dann gegeben war, wenn zusätzlich zu den – zuvor ausreichenden – zwei Einzelimpfungen weitere Voraussetzungen hinzutraten, z. B. eine Genesung oder eine Auffrischungsimpfung (§ 22a Abs. 1 IfSG a.F.). Auch nach Außerkrafttreten der Immunitätsnachweispflicht bleiben Nachweise über den Impfstatus weiterhin praktisch relevant, weshalb diese nicht voreilig gelöscht werden sollten. Auch wenn ein Großteil der Beschäftigten ihrer Vorlagepflicht gewissenhaft nachkam, tauchten und tauchen weiterhin immer wieder offensichtlich gefälschte Nachweise auf. Aus diesem Grund sollen die straf- und potenziellen arbeitsrechtlichen Konsequenzen nachfolgend anhand des Beispiels der Impfpassfälschung aufgezeigt werden.

Ausgangslage

Die Aufhebung der Immunitätsnachweispflicht zum 01.01.2023 ändert an der nachfolgend dargestellten straf- und arbeitsrechtlichen Bewertung nichts. Es stellt sich allerdings die Frage, wie Krankenhäuser mit den gespeicherten Informationen über den Impfstatus umgehen müssen. Insofern schreibt Art. 17 Abs. 1 lit. a DS-GVO vor, dass Daten zwingend zu löschen sind, wenn sie für die Zwecke, für die sie erhoben wurden, nicht mehr notwendig sind. Ein Blick in die Regelungen des IfSG verdeutlicht, dass der Impfstatus von Beschäftigten nach wie vor eine Rolle spielt: So schreibt § 35 Abs. 6 IfSG für bestimmte Betreuungseinrichtungen vor, dass dem RKI bis April 2023 monatlich Angaben zum Anteil der gegen das Coronavirus geimpften Personen in anonymisierter Form zu übermitteln sind. Weiterhin müssen Beschäftigte insbesondere von Krankenhäusern mindestens dreimal pro Kalenderwoche einen Corona-Test vorlegen (§ 28b Abs. 1 Nr. 3 IfSG). Nach verschiedenen Landes-Corona-Verordnungen (z. B. § 5 Abs. 1 Nr. 4 NRW-CoronaSchVO) kann von dieser Testpflicht bei Vorlage eines Impfnachweises abgewichen werden.

Auch mit dem Ende der Immunitätsnachweispflicht sind nicht sämtliche Daten vollumfänglich zu löschen. Abhängig von der jeweiligen Einrichtung können die Informationen zumindest temporär weiter aufzubewahren sein, wobei die gesetzlichen Änderungen zu beachten sind. Ein bloßes „Interesse“ an den Impfdaten der Beschäftigten wird die Verarbeitung nicht rechtfertigen können.

Strafrechtliche Bewertung

Seit der zum 24.11.2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung (BGBl. 2021 I 4906) spielten für Impfpassfälschungen im Kontext des § 20a IfSG a.F. insbesondere § 75a Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 IfSG und die Urkundendelikte (23. Abschnitt des StGB) eine Rolle. Hinsichtlich des einschlägigen Straftatbestands ist im Einzelfall zunächst danach zu differenzieren, ob die Person, die die Impfung dokumentiert hat, hierzu berechtigt war:

Legt der Beschäftigte einen Impfpass vor, in dem ein Arzt oder eine andere berechtigte Person eine tatsächlich nicht durchgeführte Impfung eingetragen hat, so macht er sich nach § 75a Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 IfSG strafbar. Die berechtigte Person verwirklicht durch die unrichtige Dokumentation hingegen den Straftatbestand des § 74 Abs. 2 IfSG. Die speziellen Straftatbestände des IfSG verdrängen dabei die allgemeineren Straftatbestände zu Gesundheitszeugnissen aus §§ 278 f. StGB (streitig).

Hat stattdessen eine hierzu nicht berechtigte Person die tatsächlich nicht durchgeführte Impfung dokumentiert, ist weiter zu unterscheiden:

  • Dokumentiert der Beschäftigte selbst, wird er dies in aller Regel unter fremdem Namen, vorzugsweise unter dem eines praktizierenden Arztes tun. Der Gebrauch der so hergestellten unechten Urkunde ist nach § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB (Urkundenfälschung) strafbar. § 277 Abs. 1 StGB (unbefugtes Ausstellen von Gesundheitszeugnissen) ist demgegenüber nicht einschlägig, da der Beschäftigte hierfür im eigenen Namen handeln müsste.
  • Dokumentiert ein Dritter unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt, macht sich der Beschäftigte nach § 279 StGB wegen Gebrauchens eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses strafbar: Handelt der Dritte im eigenen Namen und gibt er sich hierbei fälschlich als Arzt aus, stellt er das Gesundheitszeugnis unberechtigt aus (§ 277 StGB). Handelt der Dritte unter fremdem Namen und entsteht deswegen eine unechte Urkunde, greift für den Beschäftigten wiederum § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB.

Trotz dieser komplexen Einzelheiten steht grundsätzlich fest, dass die bewusste Vorlage gefälschter Impfpässe im Kontext der Immunitätsnachweispflicht des § 20a IfSG a.F. stets strafbar war. Lediglich der im Einzelfall einschlägige Straftatbestand hing von den konkreten Fälschungsmodalitäten ab.

Arbeitsrechtliche Bewertung – Kündigung

Für die arbeitsrechtliche Bewertung ist weniger die strafrechtliche Einordnung maßgeblich als vielmehr der durch die Pflichtverletzung eingetretene Vertrauensverlust. Weil aber gegenüber dem Arbeitgeber begangene Straftaten regelmäßig mit einem erheblichen Vertrauensverlust einhergehen, haben zahlreiche Arbeitsgerichte eine (außerordentliche) Kündigung bei der Vorlage gefälschter Nachweise als rechtmäßig erachtet. Dabei prüfen die Arbeitsgerichte die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung zweistufig:

  • Auf der ersten Stufe geht es darum, ob der konkrete Sachverhalt – losgelöst vom Einzelfall – „an sich“ einen Kündigungsgrund darstellt. Dies ist bei der Vorlage eines gefälschten Impfpasses gegenüber dem Arbeitgeber zwecks Täuschung über ihren Impfstatus der Fall.
  • Auf der zweiten Stufe ist der jeweilige Einzelfall unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu bewerten. Generell sind hierbei zahlreiche Kriterien zu berücksichtigen, insbesondere die Auswirkungen der Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens, eine mögliche Wiederholungsgefahr, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf sowie etwaige Unterhaltspflichten, aber auch die potenzielle kriminelle Energie des Beschäftigten. Zudem ist zu prüfen, ob dem Arbeitgeber mildere Alternativen als die Kündigung zumutbar waren. In erster Linie wäre diesbezüglich an eine Abmahnung zu denken. Allerdings haben Arbeitsgerichte eine solche bei der bewussten Vorlage gefälschter Nachweise aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung bislang nicht für erforderlich erachtet (etwa LAG Düsseldorf, Urt. v. 04.10.2022, Az.: 3 Sa 374/22).

Im Ergebnis werden außerordentliche Kündigungen, die auf die Vorlage gefälschter Impfpässe gestützt werden, regelmäßig gute Aussichten auf Bestand haben. In der Praxis sollten Arbeitgeber zudem hilfsweise ordentlich kündigen. Da der Nachweis der Fälschung nicht immer zweifelsfrei gelingt, sollten sie die Kündigung weiterhin auch auf den Verdacht eines strafbaren Verhaltens stützen. Bei einer solchen Verdachtskündigung handelt es sich um einen eigenständigen Kündigungsgrund, zu dem auch der Betriebsrat, Personalrat oder die Mitarbeitervertretung entsprechend anzuhören ist. Zugleich sollte der Beschäftige vor der Kündigung zu den Vorgängen befragt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Auch können die Ergebnisse der ggf. von der Behörde angeordneten ärztlichen Untersuchung des Beschäftigten (§ 20a Abs. 5 S. 2 IfSG a.F.) berücksichtigt werden.

Kommt es zu einer rechtmäßigen außerordentlichen Kündigung, die durch das Verhalten des Beschäftigten veranlasst wurde, kann der Arbeitgeber zudem Ersatz des entstandenen Schadens verlangen (§ 628 Abs. 2 BGB). Darunter können – in gewissen Grenzen – etwa die Mehrkosten für die notwendige Einstellung einer Ersatzkraft fallen.

Sanktionsrisiken auf Seiten des Krankenhauses

Immunitätsnachweisfälschungen können nicht nur für die Beschäftigten Konsequenzen nach sich ziehen: Zwar trifft die Krankenhausleitung keine Pflicht, bei dem Verdacht der Nachweisfälschung Strafanzeige zu erstatten. Sie musste aber bei Zweifeln an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises das zuständige Gesundheitsamt benachrichtigen (§ 20a Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2 IfSG a.F.). Auch nach Wegfall der gesetzlichen Pflichten bilden gefälschte Immunitätsnachweise ein Compliance-Risiko. Werden solche Fälschungen der Leitung nachträglich bekannt oder bestehen entsprechende Verdachtsmomente, sollte folglich auf eine Aufklärung hingewirkt werden.

Weiterhin sind die eingangs angerissenen datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten, da insbesondere bei der nicht rechtmäßigen Verarbeitung von Gesundheitsdaten empfindliche Bußgelder drohen. Dies gilt für die etwaige Pflicht zur Löschung der Daten ebenso wie die Aufnahme in das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten nach Art. 30 DS-GVO.

Weiterführende Literatur

  • Röller/Köllmann (2022) Küttner Personalbuch, 29. Aufl., Covid-19
  • Gerhardt (2022) Infektionsschutzgesetz, 6. Aufl., § 20a IfSG
  • Gierok/Teubner (2022) Strafrecht der Medizin, § 11 Straftaten in Bezug auf Gesundheitszeugnisse

Rechtsanwalt Dr. Markus Gierok
Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB
Zertifizierter Geldwäschebeauftragter (DEKRA)

Rechtsanwalt Dr. Thomas Köllmann
Küttner Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Fachanwalt für Arbeitsrecht